18.10.2021, 14:40 Uhr

BAG: Die behördlich angeordnete Betriebsschließung während eines Corona-Lockdowns fällt nicht in das Betriebsrisiko des Arbeitgebers. Dadurch ausgefallene Arbeitszeit muss nicht bezahlt werden.

Fällt die Arbeitsleistung aus Gründen aus, die in der Risikosphäre des Arbeitgebers (sogenanntes Betriebsrisiko) liegen (z.B. Ausfall des Vorlieferanten, technische Störungen etc.) so schuldet er den Arbeitnehmern gleichwohl die Vergütung (sogenannter Annahmeverzug).

Für aufgrund einer behördlichen Anordnung anlässlich der Corona-Pandemie erfolgte Betriebsschließungen hat das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden, dass der Arbeitgeber nicht das Risiko des Arbeitsausfalls zu tragen hat.

"Die Klägerin hat für den Monat April 2020, in dem ihre Arbeitsleistung und deren Annahme durch die Beklagte aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließung unmöglich war, keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Der Arbeitgeber trägt auch nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie hier – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiert sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Es ist Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile – wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt ist – zu sorgen. Soweit ein solcher – wie bei der Klägerin als geringfügig Beschäftigter – nicht gewährleistet ist, beruht dies auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Aus dem Fehlen nachgelagerter Ansprüche lässt sich jedoch keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten."

BAG v. 13.10.2021 - 5 AZR 211/21- PM Nr. 31/21

Autor

Dr. Stephan Karlsfeld

Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Notar

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