28.09.2022, 17:40 Uhr

Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber bereits jetzt, System zur Arbeitszeiterfassung zur Verfügung zu stellen.

Mit einem Beschluss vom 13.09.2022 (1 ABR 22/21) hat das Bundesarbeitsgericht ein Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems verneint und dies damit begründet, dass Arbeitgeber bei unionrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz ohnehin verpflichtet seien, (sämtliche) Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen. Deshalb habe der Betriebsrat im Hinblick auf die Einführung eines solchen Systems kein Initiativrecht.

Diese Entscheidung ist insofern bemerkenswert und auch von erheblicher praktischer Relevanz, als bisher angenommen wurde, die Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit ergebe sich zwar aus unionsrechtlichen Vorgaben, bedürfe jedoch erst noch einer Umsetzung durch den Gesetzgeber. Das Bundesarbeitsgericht sieht das offensichtlich anders und die Praxis wird sich darauf einzustellen haben. Denn bisher schreibt das Arbeitszeitgesetz lediglich vor, Arbeitszeiten systematisch zu erfassen, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen (z.B. Überstunden).

Inzwischen liegt dazu auch die schriftliche Urteilsbegründung vor, aus der wohl abgeleitet werden kann, dass Arbeitgeber bereits jetzt verpflichtet sind, sämtliche Arbeitszeiten einschließlich Mehrarbeit und Überstunden täglich zu erfassen bzw. die Erfassung durch ein entsprechendes System sicherzustellen. Das gilt für alle Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Ausgenommen sind lediglich die in den §§ 18-21 ArbZG genannten Personengruppen, insbesondere also auch „echte“ leitende Angestellte.

Autor

Dr. Stephan Karlsfeld

Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Notar

Alle Artikel anzeigen